Haus des Reichs, Bremen

Das Haus des Reichs in der Contrescarpe ist der Dienstsitz des Senators für Finanzen. Es stellt, wie so viele Bauten in Bremen, aufgrund seines Erhaltungszustandes ein Kunstwerk als Ganzes dar. Architektonische und innenarchitektonische Finessen harmonieren mit der Raumgestaltung, wie man es nur selten sieht.

Erzählt man die Geschichte dieses Hauses, erzählt man zugleich von der Nordwolle und den Brüdern Lahusen. Deren Familie hatte durch den Handel mit Fellen ihr Glück gemacht und dieses Geschäft letztendlich zur "Norddeutschen Wollkämmerei & Kammgarnspinnerei AG" ausgebaut, dem größten europäischen Unternehmen dieser Art. Ursprünglich in Bremen gegründet, befand sich dessen Firmensitz lange Zeit in Delmenhorst.

Die drei Brüder Lahusen beschlossen in den 1920er Jahren, mit Sack und Pack nach Bremen zurückzukehren, denn die Hansestadt entwickelte sich dank des expandierenden weltweiten Handels zum lukrativen Unternehmensstandort. Doch nicht nur aus diesem Grund ließen die Lahusens das Haus an der Contrescarpe errichten, sie wollten ein imperiales Gebäude für ihre Nordwolle schaffen, um die wirtschaftliche Größe dieses Unternehmens sichtbar zu machen und der Nachwelt in Erinnerung zu rufen. Bremen war für dieses Vorhaben besser geeignet als das damals noch kleinstädtische Delmenhorst.

Die Wahl der Architekten fiel auf zwei junge Bremer, die ebenfalls Brüder waren: Hermann und Eberhard Gildemeister. Künstlerisch als auch architektonisch gesehen brachten die 1920er Jahre viele neue Inspirationen, wie man an der Fassade und dem Interieur des Hauses des Reichs sehen kann. Die Brüder Gildemeister haben es jedoch verstanden, neue Stilrichtungen wie den Expressionismus oder Art Déco mit den bestehenden Gebäudefassaden der Contrescarpe zu verbinden. Geprägt wird die Architektur dieses Hauses von unendlich vielen, liebevoll gestalteten Details wie Türgriffen, Verzierungen der Treppenaufgänge, Kronleuchtern und vielem mehr. Auch der Innenhof des ehemaligen Nordwolle-Hauses, in dem ein fünf Meter hoher Uhrenturm steht, ist äußerst sehenswert.

Im Jahr 1931 jedoch schüttelte ein Skandal die angeschlagene Wirtschaftswelt des Nordens. Die Nordwolle musste Konkurs anmelden, die Brüder Lahusen wurden des Verstoßes gegen die Konkursordnung angeklagt und mussten sich in Untersuchungshaft begeben. Der neue Firmensitz in der Contrescarpe wurde zwar fertig gestellt, aber nie offiziell eingeweiht.

Das Gebäude fiel dem Deutschen Reich zu und wurde daraufhin vom Landesfinanzamt Weser-Ems genutzt. Eine wechselvolle Zeit folgte, das Haus des Reichs diente als Sitz der Nazi-Verwaltungsfunktionäre und in der Besatzungszeit als Standort der amerikanischen Militärregierung. Ab dem Jahr 1947 wurde das Gebäude langsam wieder seiner Funktion als Sitz der Finanzverwaltung zugeführt. Heute haben im Contrescarpe sowohl der Senator für Finanzen als auch die Finanzämter Bremen Mitte, Ost und West sowie die Bundeskasse Bremen ihren Sitz.